Jedes Mal, wenn wir mit einer Liga einen neuen NSC einführen, überkommt mich ein gemischtes Gefühl aus Begeisterung und Angst. Schwester Cassia, die wir mit Blight eingeführt haben, war hier keine Ausnahme.
Einem NSC wie Cassia fällt oft eine schwere Aufgabe zu. Meist sind diese Charaktere die ersten Kontaktpunkte mit einer neuen Liga und sind daher dafür verantwortlich, die Liga-Mechaniken und Zusammenhänge verständlich rüberzubringen und darüber hinaus den Kontext der Mechanik bereitzustellen. Es ist eine Sache, Tower Defence in Path of Exile unterzubringen. Eine ganz andere ist es, diese Mechanik in die Welt des Spiels zu integrieren und dem Spieler einen Grund zu geben, sich damit – abseits von den Belohnungen – zu beschäftigen. Ein persönliches Ziel von mir besteht jedoch darin, sicherzustellen, dass Spieler den neuen NSC mögen, selbst wenn ihnen die spezifischen Mechaniken der jeweiligen Liga nicht gefallen. Das bedeutet, dass sich jeder neue NSC von allen bereits bestehenden unterscheiden muss – nicht nur von den Meistern im Versteck, sondern auch von den dutzenden anderen Charakteren, mit denen man während der Kampagne in Berührung kommt. Die Arbeit an Cassias Charakter war ziemlich interessant. Sehr früh entschieden wir, dass sie eine Nonne sein würde, da es durch Elreons Verrat an der Präsenz von Templern mangelte. Wenn man außerdem bedenkt, aus welcher Art von Gesellschaft alle Verbannten stammen, bedeutet ein technischer Hintergrund meist, dass man mit den Templern im Bunde steht (die Vereinigung, nicht die Charakterklasse). Intern haben wir sie eine Weile “Technonne” genannt, bis ihr endgültiger Name feststand. Übrigens: Cassia ist ein anderer Name für Zimt, eine Pflanze, die für ihre natürlichen pilztötenden Eigenschaften bekannt ist! Durch die Tatsache, dass Cassia eine Templerin mit technischem Können war, lag es nahe, dass sie mit Dominus und Piety bekannt war. Es ist schwierig, jemanden mit solchen Verbindungen zu einem “guten” Charakter zu machen, was aber in Ordnung war, da Wraeclast nicht gerade ein Ort ist, der für seine guten Menschen bekannt ist. Mir gefiel der Gedanke, dass Cassia zwar eine Person mit zwiespältiger Moral ist, sie aber insgesamt doch etwas Gutes für Wraeclast leistet (indem sie den Befall bekämpft). Ihr damaliger hoher Status bei den Templern lässt ihre snobistisch-herablassenden Charakterzüge glaubwürdig erscheinen, was sie von den bestehenden, eher gutherzigen Meistern abgrenzt. Meist skizziere ich die Hintergrundgeschichte eines Charakters (Templer-Ingenieurin, verbannt für das Veruntreuen von Templer-Ressourcen, aber immer noch leicht von der Gehirnwäsche beeinflusst), und je mehr ich am Skript arbeite, desto mehr kristallisieren sich die wichtigen Charakterzüge heraus. Ihre Angewohnheit, Dinge übergenau zu erklären, Hymnen zu singen und ihre ausgeprägte Abneigung gegen Piety haben sich während des ersten oder zweiten Entwurfs ihres Skripts entwickelt. Als wir mit dem Skript zufrieden waren, beauftragten wir die wunderbar talentierte Schauspielerin Jodie Rimmer damit, sie zu spielen. Ich hatte im Vorfeld drei alberne Zeilen verfasst, die als Hymnen gesungen werden sollten, und wollte auch, dass sie die Melodie der Liga summt. Während der Aufnahmen schlug ich vor, ein Lied so zu singen, als ob es für eine marschierende Armee gedacht wäre (daher das fröhlich-gestimmte Lied über das Verbrennen der Unredlichen). Ich liebe die Tatsache, dass diese Lieder auf den ersten Anschein lustig sind und viel über Cassia verraten, aber beim genaueren Hinsehen bzw. -hören viel mehr über die Templer selbst und die Geschichte von Sin und Innocence preisgeben. Ursprünglich hatte ich geplant, dass sie ein Lied singt und dann einfach aufhört – quasi als Cassias Version von “Noch bei Verstand, Verbannter?” (“Still sane, Exile?”). Als es aber implementiert war, fühlte es sich komisch an, dass sie so plötzlich mit dem Singen aufhörte. Stattdessen bauten wir die längeren Versionen der Zeilen ein und ergänzten sie aus Spaß durch das “Oh!”, das wir ihrer Begrüßung entnommen hatten, und das funktionierte einfach perfekt. Ich war wirklich froh, dass Cassia so gut ankam, obwohl ich mir (wie viele von euch) wünschte, dass wir mehr Zeilen für sie aufgenommen hätten. Man muss bei diesen Dingen immer eine gute Balance finden: Es muss signalisiert werden, sobald neue Ausläufer entstehen und Monster zu nahe kommen, aber es muss auch genug Abwechslung geben, damit man dieser Signale nicht überdrüssig wird. In diesem Fall haben wir wohl zu stark auf das Signalisieren gesetzt und die Abwechslung etwas vernachlässigt. Hoffentlich bekommen wir in der Zukunft eine Chance, ihren Charakter weiter auszubauen! Ich würde zu gerne von Cassia hören, was sie so von den ganzen Meistern hält. |
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