Heute setzen wir unsere neue Serie fort, in der wir verschiedene Streamer aus Path of Exile interviewen. Diesmal haben wir Octavian zu Gast! Lest euch hier das vollständige Interview durch.

Hi Octavian. Vielen Dank, dass du am Interview teilnimmst! Bitte stell dich doch mal vor.

Ich heiße Chris, aber die meisten, die das hier lesen, kennen mich unter dem Namen Octavian. Ich bin um die 20, komme aus dem Großraum Boston und verbringe viel zu viel Zeit mit dem Spielen von Path of Exile und etwas weniger Zeit mit dem Spielen von anderen Dingen. Ich spiele gerne Builds, die auf Leben basieren, wenn gerade Energieschild-Builds angesagt sind; ich levele gerne Adelstöchter auf Stufe 100 und genieße lange Spaziergänge in Strand-Karten.

Wie lange streamst du schon? Wie bist du dazu gekommen?

Ich bin infolge einer Krankheit zum Streamen gekommen, die ausgebrochen ist, nachdem ich nach dem ersten Jahr an der Uni zu meinem Bruder zog. Ich litt zu dieser Zeit am Pfeifferschen Drüsenfieber, das wiederum den perfekten Nährboden für eine lange nicht erkannte Lyme-Borreliose schuf, die sich stark auf meine großen Gelenke auswirkte. Da mein Knie infolgedessen auf die dreifache Größe anschwoll, konnte ich für den Großteil des Jahres nicht gehen. Dadurch war ich ziemlich eingeschränkt, was meine beruflichen Aussichten anging. Es war vielleicht nicht die beste Entscheidung, aber in meinem noch-nicht-ganz-bettlägerigem Zustand entschied ich mich dazu, etwas zu versuchen, das ich schon immer mal machen wollte: Shoutcasting. Zu der Zeit war ich ein großer Fan von League of Legends, also fing ich dort mit dem Shoutcasting an, und zwar richtig. Innerhalb von ein paar Jahren ist allerdings nicht viel daraus geworden – nur ein paar Amateur-Events hier und da, die sich gut auf meinem Lebenslauf machen. Statt die logische Konsequenz zu ziehen und aufzuhören, entschied ich mich aufs Ganze zu gehen und fing mit dem Streamen meines neuen Lieblingsspiels an: Path of Exile. Nach einigen dutzenden (oder dutzenden dutzenden) leeren Streams gewann ich endlich einige Zuschauer. Von da an war es nur eine Frage von Hartnäckigkeit und Glück.

Geht es dir gesundheitlich jetzt besser?

Mir geht es momentan ziemlich gut. Ich muss für meine Gelenke noch regelmäßig zur Physiotherapie, bin aber ansonsten wieder vollständig genesen.

Was können die Leute von deinem Stream erwarten? Folgst du einem festen Zeitplan?

Was den Zeitplan angeht, fange ich meist am frühen Nachmittag (EST) an und streame dann für etwa sechs bis acht Stunden. Was den Inhalt angeht, dreht sich der Stream fast ausschließlich (wer hätte es gedacht?) um Path of Exile. In meinem Stream lasse ich mich dann des Öfteren dazu hinreißen, wieder eine Adelstochter oder wieder einen Flimmerschlag-Build zu spielen – oder manchmal beides. Ich erstelle innerhalb einer Liga meist zwischen drei und sechs Builds und wechsle zwischen ihnen immer ab, je nachdem, für welche Situation ich sie gerade brauche, z.B. für Bosse, für das Farmen in Karten oder irgendwas dazwischen. Was die Spielmodi von Path of Exile angeht, würde mich als “Allrounder” bezeichnen, da ich häufig zwischen dem Standard-, Hardcore- und dem autarken Spielmodus hin und her wechsle. Meist fange ich eine neue Liga im Standard-Modus an und wechsle nach einem oder zwei Monat in den Hardcore-Modus, um mein Interesse wieder zu wecken und um mich vor neue Herausforderungen zu stellen.

Hast du einen Lieblings-Build?

Wenn ich etwas als meinen Lieblings-Build bezeichnen könnte, dann am wahrscheinlichsten einen mit ‘Verhängnispfeil’, da ich damit schon zwei Charaktere auf Stufe 100 gelevelt habe. ‘Flimmerschlag’ ist aber auch dabei.

Wie bist du zum Namen für deinen Kanal gekommen?

Ich wünschte es steckte eine interessante Geschichte dahinter, aber dabei habe ich mich einfach nur an anderer Stelle bedient. Der Charakter aus einem Buch, das ich als Kind mochte, hieß “Octavian Nothing”, daher stammt die Null am Ende von Octavian0. Ich dachte einfach, dass es cool klingt. Einige denken, dass ich ein leidenschaftlicher Fan von römischer Geschichte bin, aber da spiele ich dann einfach mit, da es mich klug aussehen lässt. Und nein, mein Nachname lautet nicht Morosan.

Was hast du vor dem Streamen gemacht?

Bevor ich mit dem Streamen anfing, habe ich für kurze Zeit ohne wirkliche Fachrichtung studiert. In der Zeit, als ich den Stream dahingehend aufbaute, um davon leben zu können, habe ich als Kellner in einem Restaurant in Houston gearbeitet, wo ich damals noch wohnte, als ich mit dem Streamen von Path of Exile anfing. Ich war für kurze Zeit auf dem Bau und habe als Kassierer in einem französischen Café gearbeitet, aber das war nichts Großes. Immerhin habe ich die französischen Bezeichnungen für ein paar edle Desserts gelernt. Für etwas muss es also gut gewesen sein.

Wie und wann hast du von Path of Exile erfahren?

Ich fing zur Warbands-Liga mit Path of Exile an, im Juli 2015. Ein guter Freund von mir hatte mich davon überzeugt, es beim Start der Warbands-Liga nochmal zu versuchen. Zuvor hatten mich der riesige Fertigkeitenbaum und die Auswahl an Fertigkeiten abgeschreckt, sodass ich es beim ersten Mal schon in Akt 2 aufgegeben hatte. Beim zweiten Versuch hat es mich allerdings richtig gepackt, und diesmal bin ich wohl etwas weiter gekommen als nur bis Akt 2.

Was hat dich von Anfang an ans Spiel gefesselt und was hat dich immer wieder dorthin zurückgebracht?

Das Erste, was mich wirklich an Path of Exile gefesselt hat, war dieser Moment der Erleuchtung, als ich endlich das ganze Konzept verstand, das hinter dem Währungssystem steckt. Dieses Gefühl, die Funktionsweise eines so elegant konzipierten Systems zu verstehen, war so, als würde man eine optische Täuschung auflösen. Path of Exile hat mich auch danach immerwährend mit diesem Gefühl versorgt – über dutzende Male und über mehrere Ligen hinweg, die ich spielte und in deren Mechaniken ich mich vertiefte. Es macht einfach süchtig.

Gibt es irgendwelche Highlights aus deiner Zeit in Path of Exile, die sich in dein Gedächtnis eingebrannt haben?

Die wohl einfachste Antwort auf diese Frage wäre wohl mein erster Charakter auf Stufe 100, oder mein erster Bosskill im Hardcore-Modus oder ähnliches. Diese Momente waren sicherlich fantastisch, und ich bin froh, sie erreicht zu haben, aber die Erinnerung in Path of Exile, die mir am meisten bedeutet, ist, als das erste Mal jemand in meinem Chat auftauchte und mir für meinen Build dankte und sagte, dass der Build ihn den ganzen Weg bis zum Schöpfer begleitet habe und er sehr glücklich mit dem Build sei. Dieses Gefühl, jemandem geholfen zu haben, der dadurch wirklich mehr Spaß am Spiel hatte, ist die Hälfte meiner Motivation. Die Antwort auf die vorherige Frage ist die andere Hälfte.

Was hältst du von der Synthesis-Erweiterung?

Synthesis ist für mich ein weiteres Bestiary, und während es zunächst vielleicht nicht nach Lob klingen mag, wissen die Leute, die meinen Kanal gut kennen, dass ich und Bestiary eine komplizierte Beziehung hatten. Die ursprüngliche Implementierung war holprig, aber die Kernsysteme, die hier zum Einsatz kommen, sowohl in Bezug auf das System mit den Erinnerungen als auch auf die Anfertigung von synthetisierten Gegenständen, bieten interessante Dinge, die Path of Exile bereichern. Ich sehe die Erinnerungen, und genauer gesagt das Sammeln von Erinnerungen, als eine weitere Komponente zur Frage "Was kann Beute sein" – damals in Bestiary waren Monster die Beute, in Incursion waren es Tempelräume und in dieser Liga sind in gewisser Weise die Gebiete selbst Beute. Ich freue mich, wenn ich eine Erinnerung sehe, die auf dem Kathedralendach-Design basiert, da ich weiß, dass ich dort eine gute Monsterdichte vorfinden werde. Ich freue mich, wenn ich ein Erinnerungsstück mit perfekten Verbindungen finde, welches ich für meine nächsten Schritte benötige. Das ist ziemlich cool. Obwohl das System ein unglaubliches Potenzial bietet, viele Gewinne zu generieren, ist es keine leichte Aufgabe, an diesen Punkt zu gelangen. Nach Patch 3.6.3 befindet sich die Mechanik meiner Meinung nach in einem viel besseren Zustand und verzeiht auch eher einen Fehler – ich hoffe nur, dass, wenn das System ins Hauptspiel aufgenommen wird, es nicht so verkleinert wird wie mein erster Vergleich mit Bestiary.

Gibt es irgendwas, das du in der Streaming-Community gerne öfter sehen würdest?

Die zuletzt von Kammell_ organisierten Races, bei denen ich das Privileg hatte moderieren zu dürfen, waren großartig, und Method und Zizaran haben auch großartige Arbeit geleistet, um Veranstaltungen mit Wettbewerbscharakter voranzutreiben. Aber die Verbreitung unseres Vorhabens und die allgemeine Förderung zur Teilnahme der Community, einhergehend mit einem größeren Wettbewerb, ist immer etwas, das ich vorantreiben werde. Tatsächlich hatte das letzte von Kammell_ organisierte Race eine offene Registrierung, und die Preise wurden pro Basisklasse vergeben. Wenn ihr also schon immer mal daran gedacht habt, in Path of Exile an einem kompetitiven Event teilzunehmen, dann schlage ich vor, dass ihr es versucht, sei es als Streamer oder einfach als leidenschaftlicher Zocker.

Hast du einen Ratschlag für diejenigen, die sich mit dem Streamen eine Karriere aufbauen möchten?

Arbeitet zuerst am Kern eures Produkts, dann an den Details. Wenn ihr eine funktionale Webcam habt, bei der es nicht so aussieht, als ob man durch ein Bierglas schauen würde und ein Mikrofon, das besser ist als zwei Blechdosen und eine Schnur, könnt ihr anfangen. Gebt keine Hunderte von Euro für Spitzenausrüstung aus, bevor ihr euch sicher seid, dass ihr einen unterhaltsamen Stream liefert, für den die Zuschauer bleiben möchten – denn wenn ihr nicht unterhaltsam seid, wird niemand zuschauen. Selbst wenn euer Mikrofon so klingt, als wäre es von Engeln gefertigt worden und eure Webcam euch holographisch in das Zimmer des Zuschauers projiziert, müsst ihr am Ende etwas bieten, das es wert ist, auf dieser schönen Kamera gesehen und von diesem Mikrofon gehört zu werden. Also, bevor ihr zur Profi-Ausrüstung greift, übt vor einem Mikrofon ein paar Dutzend oder hundert Mal. Dann erkennt ihr, dass, selbst wenn ihr alles richtig macht, ihr es ein paar hundert Mal mehr richtig machen müsst, bevor ihr damit Geld verdienen könnt, da Zeit die wichtigste Endkomponente ist, um dies oder fast alles zu erreichen. Ihr müsst damit rechnen, jahrelang mit Verlust zu streamen, als Hobby – wenn ihr dazu nicht in der Lage seid, ist das Streamen vielleicht kein guter Karriereweg für euch.

Gibt es ein paar Streamer, die du an dieser Stelle gerne erwähnen möchtest?

Ein paar Jungs, von denen ihr vielleicht schonmal gehört habt, aber auf die ihr unbedingt einen Blick werfen solltet (falls ihr es noch nicht getan habt): Thi3n ist sehr gut darin, das letzte bisschen Effizienz aus seiner Zeit im Spiel herauszuholen, im Laufe einer Liga oft mehr als ich zu erreichen und dabei gleichzeitig einen Vollzeitjob zu haben. SuitSizeSmall, der einer der Jungs ist, denen man dafür danken muss, dass sie jeden Tag Labyrinth-Pläne auf PoeLab hochladen. Kammell_, der die Races organisiert, die wir jeden Monat veranstalten und selbst ein ziemlich guter Racer ist, und CatmasterOP und BalorMage, die einen Podcast namens "Fated Connections" veranstalten, der jedes Mal Spaß gemacht hat, wann immer ich eingeladen wurde.

Welche Hobbies oder Interessen hast du abgesehen vom Streamen?

Heutzutage gibt es nicht mehr so viel außerhalb des Streamens, für das ich Zeit finde. Ich verfolge ein paar Bands und gehe mit meinem Bruder zu Konzerten, wann immer ich Zeit dafür erübrigen kann. Erst kürzlich habe ich eine Reise nach New York unternommen, um Vulfpeck zu sehen, was fantastisch war. Ich sage, dass das erst kürzlich war, und wenn ich mich recht erinnere, war es bereits im vergangenen November, womit ihr eine ungefähre Vorstellung davon bekommt, wie oft ich ausgehe. Ich bin auch immer noch in der kompetitiven Szene von League of Legends aktiv. Der Vorlauf zu den LEC- und NA LCS-Finals war in letzter Zeit mein Gute-Nacht-Programm. Abgesehen davon setzt sich mein Tag aus Path of Exile, Essen und Schlafen zusammen.

Wie hat sich dein Leben durch das Streamen verändert? Welche Rolle hat das Streamen während dieses Wandels eingenommen?

Das Streamen hat dazu beigetragen, mir den Wert von Beständigkeit beizubringen und mir geholfen, mir eine stärkere Arbeitsethik anzueignen. Etwas, mit dem ich zu kämpfen hatte, war, etwas zu finden, das meine Aufmerksamkeit lange genug auf sich ziehen würde, damit ich wirklich großartig darin werde, und nicht nur ganz gut. Am Ende hatte ich theoretisches Wissen über ein Dutzend von Themen und ein praktisches Wissen über keins davon. Erst als ich mich wirklich entschied, mich dem Streamen und der Online-Übertragung im Allgemeinen zu widmen, verbrachte ich viel Zeit damit, um an einer Sache zu arbeiten. Das hat mir geholfen, die Werkzeuge zu haben, um diese Art von Beständigkeit anderswo in meinem Leben anzuwenden. Ich kann sicherlich nicht sagen, dass ich es perfektioniert habe, und mein Stream-Plan spiegelt immer noch manchmal diese Fehler wieder – aber er hat geholfen und hilft immer noch immens. Das Streamen gab mir wirklich etwas fürs Leben, so albern das auch klingen mag.

Wenn du etwas sagen könntest, das jeder Path of Exile Spieler einmal gehört haben sollte, was wäre das?

Man ist niemals wirklich pleite in Path of Exile, da jedes Gebiet ein Sprungbrett ins nächste Gebiet darstellt. Bei jeder Liga startet jeder Spieler von Neuem. Eine Pechsträhne, eine unglückliche Wahl des Builds oder eine Phase ohne Kartenfund – das kann sich im entsprechenden Augenblick schrecklich anfühlen, aber jeder Spieler kämpft sich von Level 1 bis in die Karten der Wächter durch. Jeder Spieler kämpft sich von der Zwielichtküste bis in die Karten vor. Das Spiel ist darauf ausgelegt, dass ihr Beute bekommt und einen Fortschritt erzielt. Das Herbeirufen dieser Erkenntnis hat mir mehr als einmal geholfen, eine "Pechsträhne" zu überstehen. Lasst es einfach nicht zu einem Wettbewerb werden, bei dem ihr euch mit anderen vergleicht. Ihr werdet dadurch einen entspannteren Fortschritt erzielen und diesen mehr genießen.

Hast du irgendwelche Projekte am Start, die du gerne mit der Community teilen möchtest?

Später in dieser Liga, sobald der Handel im Softcore-Modus anfängt, etwas Glanz zu verlieren und ich das Gefühl habe, dass ich einen Neuanfang will, plane ich den Versuch, meinen ersten Über-Ältesten im autarken Hardcore-Modus zu töten. Ich habe dafür noch kein konkretes Datum, aber ich denke bereits darüber nach, mit welchen Builds ich die Herausforderung angehen möchte, und ich freue mich bereits riesig darauf. Zuerst muss ich aber herausfinden, wie diese Synthesis-Mechanik nach dem Patch funktioniert.
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Danke, dass du am Interview teilgenommen hast! Wenn ihr Interesse habt, dann folgt Octavian auf Twitter, YouTube und Twitch.
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am
Grinding Gear Games

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